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Raupe

Jürgen Schimanek

Phantasietiere

Mastdarmkröte

1989

Eine frühe Tierdarstellung im Nachlass des Gelsenkirchener Konzeptkünstlers Jürgen Schimanek (1939–2014). Schimaneks Phantasietiere zeichnet eine Nähe zur Naiven Malerei aus. Eine Gemeinsamkeit fällt auf: Seine Tiere blicken uns an, als wollten sie uns etwas sagen. Auch das verleiht der "Mastdarmkröte" ebenso wie dem "Schuhschnabeltier", dem "Schwartenmolch", der "gestachelte Kuhschlange" oder der "rotbraunen Tageule", um hier nur einige seiner schrägen Kreaturen zu nennen, etwas Mysteriöses. Eine zweite Gemeinsamkeit besteht darin, dass Schimaneks Tiere oft wie verkappte Selbstporträts anmuten.

Bild links: Jürgen Schimanek: Aquarellzeichnung. Westfälisches Literaturarchiv im LWL-Archivamt (Depositum). Bestand 1049/242.

Mastdarmkröte

Wandergeier

10. Oktober 1995

Tiere übten eine besondere Faszination auf Schimanek aus. Besonders augenscheinlich wird dies an einer Kladde im Nachlass. Dort hat der Künstler Fantasietiere mit so seltsamen Namen wie "Wandergeier", "Schnarchbeutler", "Saugralle" oder "Warzenschnupper" verewigt. Fast jeden Tag kam ein neues Tier hinzu, bis es zum Schluss rund dreihundert Tiere waren – ein schillernder, verrückter Zoo, den man gern einmal – und sei es auf dem Mond – besucht hätte.

Bild rechts: Aquarellzeichnung. Kladde im Nachlass, 1995/96. Westfälisches Literaturarchiv im LWL-Archivamt (Depositum). Bestand 1049/165.

Wandergeier

Veilchenbeutler

1999

Viele Aquarelle im Nachlass sind verkappte Selbstporträts.

Auch diesem Tierbild haftet ein verschmitzter, eulenspiegelhafter Zug und zugleich der Mut zum Spontanen, Improvisierten, Unvollkommenen an – Charakteristika, die viele Kunstaktionen Schimaneks auszeichneten. Möglicherweise wurde Schimanek durch seine Afrikaaufenthalte oder seine zahllosen Reisen, die ihn auf fast alle Kontinente führten, zu seinen Tierdarstellungen inspiriert. Hierauf deutet unter anderem die intensive Farbwahl der Porträts hin und ein 'hingeworfener' Strich, der zwischen konkreter und abstrakter Malerei changiert. In manchen Motiven glaubt man eine Verwandtschaft zu Paul Klee zu erkennen, dessen Meisterschüler Emil Bert Hartwig Schimaneks frühe Malversuche anleitete.

Bild links: Jürgen Schimanek: Veilchenbeutler, Öl auf Leinwand, 1999. Westfälisches Literaturarchiv im LWL-Archivamt (Depositum). Bestand 1049/230.

Veilchenbeutler

Tiefseeaffe

Juli 2000

Erneut blickt uns der Künstler in einem seiner Tierbilder an. Dabei schaut der Tiefseeaffe unschuldig und sympathisch drein. Andere Fantasietiere Schimaneks weisen eher unheimliche, skurrile Züge auf. Schimanek sprach dann von seinen "Geistertieren". Verwandlung, Kostümierungen, Spiel mit Identitäten – in Schimaneks Werk wimmelt es von schillernden Figuren. Sie bereichern die Welt um eine bizarre Dimension. Zugleich fällt seine Lust an Neuschöpfungen auf, an etwas, das es zuvor noch nicht gab. Auch in dieser Hinsicht ergeben sich Parallelen zu anderen Kunstaktionen Schimaneks.

Bild rechts: Jürgen Schimanek, Tiefseeaffe, 2000. Westfälisches Literaturarchiv im LWL-Archivamt (Depositum). Bestand 1049/241.

Tiefseeaffe

Ausstellung

Die eigentümliche Faszination, die von diesen Tierdarstellungen ausgeht, war Anlass, sie in einer eigenen Ausstellung im Museum für Westfälische Literatur zu präsentieren. Präparator:innen des LWL-Naturkundemuseums erweckten sie dabei in Pappmaché und in dreidimensionaler Form zum Leben. Sie fanden ihren Platz in Aquarien, bunt ausstaffierten Vitrinen und auf der Blumenwiese des Museumsparks.

Bild links: Skulptur in der Ausstellung im Museum für Westfälische Literatur. Foto: Claudia Ehlert / LWL-Literaturkommission.

Text: Walter Gödden

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Fotografie einer bunten Skulptur eines Fantasietieres